Preiskalkulation… Ein Wort, dass vielen die Nackenhaare aufstellen lässt, dass aber auch viele einfach nicht richtig machen und wodurch es zu einer Marktverzerrung kommt, in der die Kunden, aber auch die Fotografen, einfach frustriert sind…
Lasst uns über Kalkulation reden, warum auch viele nicht richtig kalkulieren, dem eigenen Selbstwert und generell einfach über ein paar Punkte, die in Vergessenheit geraten.
Ich möchte dazu schon einmal sagen: Ich will hier niemanden angreifen, oder mich rechtfertigen für irgendwas. Ich möchte sowohl Kunden, als auch andere Selbstständige erreichen darüber nachzudenken, weshalb etwas einen, im ersten Augenblick betrachtend, sehr hohen Preis hat und vielleicht auch ein wenig Verständnis für solche Preise zu schaffen.
Es wird technisch, steigen wir ein.
Zuerst einmal: Was ist eine Kalkulation eigentlich und warum ist sie so wichtig?
Eine Kalkulation ist kurz gesagt die Berechnung aller anfallenden Kosten und der eingebrachten Zeit, um daraus einen Preis zu bilden, bei dem man nicht nur keinen Verlust macht, sondern auch Anschaffungen wenn sie kaputt gehen ersetzen kann und auch selbst Geld für seine Arbeitszeit bekommt, also einen Gewinn erwirtschaftet. Gerade in der Fotografiebranche kalkulieren viele ihre Preise nicht oder zumindest nicht vollständig. Sie schauen sich andere Fotografen/Fotografinnen an und orientieren sich an deren Preisen, da sie es entweder nicht besser wissen, und/oder nicht hervorstechen möchten als “die/der ist aber teuer!”. Und genau hier liegt das Problem… Wenn alle Fotografen dies so handhaben, haben wir keine Preise, mit denen wir leben können, denn Fotografie ist mehr als ein Knöpfchen drücken.
Was gehört alles in eine Kalkulation?
— Rechnung schreiben wenn eine Anzahlung erfolgt, aber auch danach für Zusatzbilder zb
— Anfahrtsweg und Heimfahrt (hier ist man ja schon unterwegs und kann dementsprechend nichts Anderes machen)
— Die Zeit des eigentlichen Shootings
— Nachbearbeitungszeit (bei mir wäre dies: Import der Bilder, Erstellung der Vorschaugalerie (grundoptimieren der Bilder in Lightroom, hochladen der Galerie, versenden dieser))
— Kontakt mit den Kunden (Fragen klären, evtl. bei der Auswahl helfen,…)
— Bearbeitungszeit der ausgewählten Bilder (Bilder raussuchen die ausgewählt wurden, finale Bearbeitung der Bilder,…)
— Versenden der ausgewählten Bilder
— evtl. kommt hier dann noch Bestellung von Produkten wie Leinwänden und co. dazu, Nachbesserungen aus welchen Gründen auch immer,…
So, dass waren nur die Sachen, die wirklich aktiv mit dem Shooting zu tun haben, in eine Kalkulation gehört aber noch mehr:
— Wenn man ein Auto hat, zahlt man für das Autoradio als Gewerbetreibende Person GEZ, außerdem fährt sich das Auto ja auch ab und muss irgendwann ersetzt werden
— Zum fotografieren nutze ich eine Kamera und Objektive, diese müssen abgeschrieben werden
— zum Bearbeiten nutze ich Bildbearbeitungssoftware, die monatlich kostet
— evtl. kommen Kosten für die Auswahlgalerie dazu, je nachdem wo man ist und wie man sie erstellt
— Gebühren fürs Websitehosting, Lizenzen für Zertifikate, Themes für WordPress,…
— Mitgliedsbeitrag in der Handwerkskammer und evtl. auch der Handelskammer (von einer der Beiden ist man als Kleinunternehmer befreit)
— Mitgliedsbeitrag der Berufsgenossenschaft (auch hier wäre man als Kleinunternehmer befreit, wenn man es angibt)
— Stromkosten
— Kosten für den Computer, Grafiktablet, Monitor, oder mit was auch immer man arbeitet, auch hier muss gegebenenfalls abgeschrieben werden
— Gebühren einer Gewerbenummer oder eines Gewerbetelefons, falls vorhanden
— Gewerbeversicherung (min. Haftpflicht sollte vorhanden sein, ggf. lohnt sich eine Kameraversicherung)
— wenn man Printprodukte mit anbietet müssen die natürlich auch mit verrechnet werden
— und zu guter Letzt natürlich die schöne Steuer, die man errichten muss… (Umsatzsteuer, Einkommenssteuer, evtl. Vorsteuer,…)
Man sieht also: Alleine was an tatsächlichen Kosten aufkommt, ist schon haarig… Und wenn man jetzt komplett hauptberuflich selbstständig ist, kommen die Krankenversicherung, ggf. Berufsunfähigkeitsversicherung und noch viele weitere Sachen, die auch ich gerade gar nicht auf dem Schirm habe, auch noch dazu. Wenn man Printpakete verschickt kommen noch die Kosten der Produkte, die Zeit wo man packt und zur Post fährt, das Porto, die Goodies die man mit rein legt und vieles mehr dazu. Die Liste ist schier endlos und kommt total auf die Person an und deren Gewerbe.
Das alles sind Kosten die einkalkuliert werden müssen, und davon ist vieles jetzt tatsächlich auch einfach eintragbar, ich weiß wie viel meine Kamera gekostet hatte und im Internet gibt es Tabellen wie man sie abschreiben muss,… Aber andere Bereiche sind weniger gut messbar, allen Voran seine eigene Zeit.
Und genau hier ist der Punkt, wo spätestens viele aussteigen (obwohl auch davor oftmals viele Selbstständige vergessen, was sie alles einplanen müssen an Kosten).
Wie viel Wert hat die eigene Zeit?
Und hier stelle ich jedem Lesenden die Frage: Wenn du deine Zeit mit Arbeit, oder deiner Familie, mit Freunden oder Leuten die du magst und die dir was bedeuten verbringen könntest, wie würdest du dich entscheiden? Und warum gehst du dennoch arbeiten?
In Angestelltenverhältnissen ist nichts so klar wie das eine Thema: Man verkauft seine Leistung für einen Betrag X im Monat und wenn dieser zu niedrig ist, nimmt man die Arbeit nicht an.
Werte von Menschen werden Tag täglich verkauft, immer und immer wieder, und es ist eine Frage der Position und der Verhandlungsbasis, für wie viel man sich selbst verkauft.
Warum ist es also gerade bei Fotografen so schwierig, genau das auch zu tun? Wir machen nichts Anderes, wenn man es einmal herunter bricht: Wir verkaufen unsere Zeit, um den Kunden schöne Augenblicke festzuhalten. Ich mache diese Arbeit gerne, ich brenne für diese Arbeit und liebe sie, aber natürlich muss dabei unterm Strich auch dabei rauskommen, dass ich am Ende des Tages etwas zu essen auf den Tisch stellen kann und meine Miete bezahlen, sonst kann ich das auch einfach nicht lang machen.
Und jetzt hab ich gut reden: Ich bin “nur” nebenberuflich selbstständig, ich muss meine Miete davon nicht bezahlen… Dennoch ist es unfassbar wichtig zu kalkulieren als müsste ich es!
Und zwar aus zwei Gründen:
- mache ich den Markt für komplett selbstständige Fotografen kaputt, wenn ich mich deshalb unter Wert verkaufe und meine Preise so kalkuliere, dass vielleicht meine Kosten gedeckt sind, aber mehr auch nicht
- ist das Ziel von vielen vielen Fotografen da draußen, eigentlich von allen die sich selbstständig gemacht haben, eins: Wachstum. Und mit Wachstum geht einher, dass man irgendwann die Zeit nicht mehr hat einen 100% Job neben der Fotografie auszuüben, und spätestens dann müssen die Preise stimmen, um den Schritt wagen zu können zu reduzieren, oder gar ganz aufzuhören im Angestelltenverhältnis
Nur kostendeckend zu arbeiten ist nicht umsonst unter dem Begriff der Liebhaberei zusammengefasst und ist sozusagen der Genickbruch des Unternehmens, wenn man es langfristig gewinnbringend betreiben will.
Und um nochmal das Wort direkt an dich dort draußen zu richten, der/die das vielleicht einfach mal hören muss, weil er/sie sich nicht traut die Preise zu nehmen, die die Kalkulation ausspuckt:
Du bist es WERT! Dein Selbstwert sollte alleine schon dafür sorgen, dass du dafür bezahlt wirst für das was du an KÖNNEN mitbringst.
Wir Fotografen bilden uns ständig weiter, haben meist über sehr viele Jahre ein Wissen angeeignet, dass wir als Experten weitergeben können, dass wir nutzen können, um viele viele Menschen dort draußen tolle Erinnerungen zu schenken an die Zeit mit ihren Liebsten, oder von ihren Liebsten. Wir müssen lernen so viel Selbstfürsorge zu haben, um es uns WERT zu sein, dass wir dafür auch entlohnt werden! Und zwar so entlohnt, dass die Arbeit auch in 10 Jahren noch Spaß machen kann und nicht ein von der Hand in den Mund leben ist. Wo man sich nicht denkt das es die Zeit nicht wert ist, um die Zeit nicht mit seinen Liebsten verbringen zu können.
Wir geben unsere Zeit teils wildfremden Menschen, um für diese unfassbar wichtige, wunderschöne Erinnerungen einzufangen, an denen sie sich ihr Leben lang nicht satt sehen können und sich immer wieder gerne an das Shooting mit uns erinnern, da haben wir auch die Pflicht uns um uns selbst zu kümmern und unseren eigenen Wert anzuerkennen.
In eine Kalkulation gehört der eigene WERT, es gehört die ZEIT die wir brauchen, die uns entlohnt wird. Niemand würde in einem Angestelltenverhältnis Überstunden machen, wenns nur nen Händedruck als Dank gibt, zumindest nicht jeden Tag über Jahre hinweg.
Und genauso wenig können wir als Fotografen, kann unsere Branche (!) überleben, wenn wir unseren eigenen Selbstwert nicht erkennen und diesen mit einkalkulieren!
Ja, dann werden die Preise höher, aber wir haben auch für jeden Kunden die Zeit, die wir ihnen schenken können, weil wir gerne die Zeit nutzen, um ganz, und zwar zu 1000%, nur für diese Kunden da zu sein. Das ist ein Service, den wir nur mit einer guten Kalkulation bieten können!
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