Gewerbe und Hauptberuf – ein Spagat?

Wenn ich Leuten erzähle, dass ich einen Nebenberuf habe, schmunzeln die Meisten und ich weiß, dass Viele zuerst an Kellner, Kassierer oder dergleichen denken, wenn sie hören, dass jemand „nebenbei“ arbeitet. Da muss das Geld ja vermutlich knapp sein, dass ich zwei Jobs brauche? Hat sie viele Schulden?

Die Stigmatisierung in Deutschland, wenn es um Nebenberufe geht, ist teils sehr hoch. Auch Kellner, Kassierer und dergleichen sind Menschen die Anerkennung verdienen, wie jeder andere Beruf auch, denn stellt euch mal eine Gesellschaft ohne diese Berufsgruppen vor… Wir brauchen sie, wie viele Andere auch!

Dennoch wundert es umso mehr Menschen, wenn ich erzähle, dass ich selbstständig bin. Auch hier bin ich oft mit Vorurteilen konfrontiert, dass mein Gewerbe ja dann nicht gut laufen könne, wenn ich noch was Anderes arbeite und dergleichen… Die Wahrheit ist? Ich liebe es, diesen Spagat zu machen!

Ich liebe es, sowohl die Verwaltung zu haben, als auch einen Ausgleich als Fotografin. Für mich sind es nicht einfach „zwei Jobs“, für mich sind es zwei Bereiche, die mir unendlich Spaß machen und in denen ich Arbeiten darf.

Ja, es ist hart. Und ja, manchmal ist es einfach nur erschöpfend, wenn man nach dem Feierabend in der Hauptarbeit eben KEINEN Feierabend hat… Aber dann sehe ich die Früchte der Arbeit, sehe in die Gesichter meiner glücklichen Kunden, bearbeite die niedlichsten Bilder, und bin einfach nur dankbar und glücklich, zwei solch tolle Berufe vereinen zu können!

Tierfotografie ist vor allem in den letzten Jahren bei jungen Frauen „Mode“ geworden, gerade um sich zb ihr Studium zu finanzieren. Viele unterschätzen daher den Aufwand, den solch ein Gewerbe eben mit sich bringt.

Als Fotografin ist man keine freiberufliche Tätigkeit, sondern eine Gewerbliche, zumindest, sobald man Auftragsarbeiten macht, was die klassischen Tierfotografen so gut wie alle machen.

Gleichzeitig zählt die Fotografie als Handwerk, der Verkauf von Printprodukten jedoch als Handel, sodass man sowohl in der Handwerkskammer, als auch in der Handelskammer Mitglied sein muss. Dazu kommt noch die Berufsgenossenschaft, und schon hat man mindestens schon drei Punkte, die die Meisten schon bei der Beantragung vergessen!

Das wichtigste in diesem ganzen Wulst an Aufgaben, Arbeiten und auch der eigenen Kreativität, ist, zu lernen, sich selbst Grenzen zu setzen und seine eigene Erschöpfung zu realisieren, sowie Pausen zu machen!

„Nur noch diese eine Rechnung…!“ Nachts um 11, obwohl um 6 Uhr der Wecker schon klingelte… „Das ist doch nur noch…“, bevor man Freunde treffen wollte, und dann den Termin verpasste…

So sah 2021, als ich mich selbstständig machte, teilweise mein Alltag aus, weil ich meine eigenen Grenzen noch nicht kannte und nicht wahr nahm.

Über die Jahre der Selbstständigkeit lernte ich, auch teils durch meinen Burnout (der jedoch nichts mit dem Gewerbe zu tun hatte), Grenzen zu setzen, auch mir selbst gegenüber.

Nein, auch die Kundin kann warten, wenn du gerade mit Freunden unterwegs bist.

Und auch die Rechnung liegt da morgen noch, Skonto dauert 14 Tage!

Klar sollte man auch nicht alles immer extrem schieben, aber es gibt eben auch noch ein Leben neben dem Gewerbe, und das ist einfach wichtig zu realisieren!

Ich denke, generell als Selbstständige, aber vor allem als Selbstständige, die auch noch angestellt ist, ist es einfach unglaublich wichtig, Grenzen zu setzen, und sich bewusst zu werden, auch Zeit für sich selbst zu nehmen und gegenüber sich selbst einzufordern.

Feste Zeiten helfen dabei, sich abgrenzen zu können und neben der ganzen Arbeit – und der noch mehr Arbeit – sich selbst nicht zu verlieren. Während man im Angestelltenverhältnis meist feste Zeiten hat in denen man arbeitet, fehlen diese in einer selbstständigen Tätigkeit. Daher ist es wichtig, sich selbst Grenzen zu setzen, am einfachsten durch feste Zeitslots. Arbeitet man zb von 8-16 Uhr, kommt dann heim, entspannt ein wenig und isst zu Abend, kann man danach sagen „von 19-21 Uhr Gewerbe, dann ist Schluss!“ und nein, auch die Mail um 21:01 Uhr wird nicht mehr gemacht!

Das mag jetzt extrem übertrieben wirken, hilft vielen aber in Wahrheit sehr, Zeit für sich zu finden.

Nein, du schlingst dein Essen nicht runter, vor 19 Uhr machst du nichts!

Und auch die Schlafenszeit wird nicht gefährdet.

Man muss im Spagat zwischen Angestelltenverhältnis und Gewerbe einfach deutlich mehr planen, und auch deutlich mehr auf sich und seine eigenen Grenzen achten! Und ja, wenn es gerade im Angestelltenverhältnis stressig ist (Rechnungsschluss vor Weihnachten, viele Projektbeginns und Einstellungsverfahren,…) dann muss man so flexibel sein können sich selbst zu erlauben im Gewerbe kürzer zu treten! Und auch das ist ok und gut so, denn wenn man umkippt ist keinem der beiden Bereiche geholfen, wirklich nicht!

Wenn man sich dessen bewusst ist und für beide Berufe brennt, ist es problemlos möglich, Beides zu bewerkstelligen, es braucht eben nur Selbstdisziplin. Auch mir fehlt diese manchmal, und manche Wochen sind daher hart, aber unterm Strich bin ich so glücklich, wie ich nur sein kann, mit dieser Kombination, und würde für kein Geld der Welt eine Seite hergeben wollen!