Authentizität… Jeder spricht davon, jeder sagt wie authentisch man doch sein soll, um auf Social Media Kunden zu bekommen, doch mach bloß nicht dies oder jenes! Sei immer fröhlich, immer gut gekleidet, hab dein Leben im Griff und hab niemals Probleme, denn das will ja niemand sehen!
Ja, was denn nun? Wir leben in einer Zeit wo sehr viele Menschen noch viel mehr auf Social Media posten. Der Hunger nach Aufmerksamkeit und Bestätigung wird von den Firmen hinter Instagram und co. gepuscht, viele werden süchtig.
Doch was ist Authentizität eigentlich?
Mittlerweile muss ich schmunzeln, wenn ich das lese, wie authentisch man doch sein soll oder wie „Businesscoach XY“ sagt wie man sich geben muss. Den Kunden am Leben Teil haben lassen, um eine emotionale Beziehung aufzubauen, und so besser verkaufen zu können. Schön und gut, ja, aber: Ist man authentisch, wenn man nur das Schöne in seinem Leben präsentiert?
Meiner Meinung nach ist die Sache deutlich komplizierter als hier und da mal eine Story zu posten wo man am Frühstückstisch sitzt und sich auf den Tag freut. Natürlich bereits top gestyled…
Und es tut mir Leid das so zu sagen: Aber das ist nicht mein Leben. Meistens steh ich morgens so zerknittert auf das ich ne Stunde später, eher aber erst so gegen Mittag, wirklich ansehnlich aussehe… Nur bin ich da längst in meiner Hauptarbeit und könnte deshalb gar keine Storys mehr drehen… Auch wird man mich nicht Sonntag Morgens top gestyled vorfinden, denn wenn ich nicht weg muss, spring ich meist in nem bequemen Schlafanzug den ganzen Tag durchs Haus…
Wäre es in diesem Fall authentisch, wenn ich top gestyled eine Instagramstory aufnehme mit meiner Tasse in der Hand, obwohl die Realität anders aussieht?
Ich bin ein großer Fan von Authentizität, aber ich bin der Meinung das viele den Begriff falsch verstanden haben… Natürlich halte ich nicht meinen kompletten Lebensschmerz den Zuschauenden unter die Nase, aber man lernt mich doch überhaupt nicht kennen, wenn ich nicht auch mal verschlafen aufm Sofa im Schlafanzug sitzen kann mitm IPad aufm Schoß und in der Story erzähle, dass ich jetzt einen Blogartikel schreibe (an besagtem Sonntag, als ich diesen Blogartikel schrieb, war genau das mein Storyinhalt in meiner Guten Morgen Story). Bin ich “weniger Wert”, weil ich ohne Termine einfach in bequemen Klamotten bleib und mich nicht style? Mach ich deshalb meine Arbeit schlechter? Ich sags wies ist: Wenn ich nen Bearbeitungsmarathon mach und einfach nur am Bilder bearbeiten bin, dabei vermutlich im Co-Working oder am Streamen, wo mich eh niemand sieht sondern nur hört: Da ist mir ne Jeans auch einfach zu unbequem, weil ich gerne mal 10 Stunden vorm Rechner versacke und mich dabei nur zum essen mal wegbewege… Warum sollte ich mich dafür stylen?
Authentizität wird auf Social Media schnell zu einer Rolle die man spielt, und ich bin der Meinung, dass dies ein gefährlicher Trend ist, der ein Leben vorgaukelt, was man nicht führt, und ein Bild erschafft, dass die Zuschauenden auch negativ beeinflussen kann „Warum hat der/die alles im Leben? Warum kann ich das nicht auch haben?“. Nein, wir müssen nicht alle top durchgestylte Influencer sein, die morgens schon im Anzug oder mit Bluse vorm Spiegel hocken, es ist ok zu sein wie man ist und man wird nur seine Zielgruppe und seine Wunschkunden ansprechen, wenn man auch wirklich authentisch ist, und nicht weil Authentizität ein Konstrukt ist das man erschaffen hat als Onlinepersönlichkeit, die im echten Leben aber ganz anders ist…
Ich denke auf Dauer wird dieses aufgebaute Konstrukt einer Person immer zusammenbrechen und dabei viele Scherben und Schmerzen hinterlassen. Der Kunde kann dann ja auch beim Shooting nicht die Person erwarten die er im Internet gesehen hat… Das führt nur zu einem: Frust. Denn nicht zu sich selbst zu stehen, nicht sich selbst sein können, nicht einmal im eigenen Gewerbe, wo einem niemand reinreden kann, ist ein Trend den ich immer mehr sehe und der meiner Meinung nach nur zu Unglück führt.
Deshalb schreibe ich darüber, und deshalb sag ich auch mal das es mir heute nicht gut geht, und dann mach ich auch mal keine Story, weil nichts positives bei rum kommen würde…
Und das ist ok! Man darf schlechte Tage haben, man darf auch mal nicht sein Gesicht in die Kamera halten, und kann dennoch authentisch sein.
Das wichtigste ist, den Bezug zu sich selbst nicht zu verlieren…
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